Entwicklung und Chancen junger Menschen in sozialen Brennpunkten
E & C im Kontext neuer kommunalpolitischer Strategien
Zielstellung
Das Bundesprogramm Entwicklung und Chancen (E&C) benachteiligter Jugendlicher in sozialen Brennpunkten wurde im Jahr 2000 begonnen und verfolgt das Ziel, die in den Kommunen vorhandenen Ressourcen zur Förderung der Kinder- und Jugendhilfe zu mobilisieren, zu vernetzen und nachhaltig, im Sinne längerfristig wirksamer Angebots- und Hilfestrukturen, zu gestalten. E&C stellt dabei eine Programmplattform dar, die verschiedene Programmbausteine beinhaltet.
Die wissenschaftliche Begleitung des Programms E&C hat sich in der ersten Phase weitgehend auf die Analyse der entstandenen institutionellen Netzwerkstrukturen in den Stadtteilen, ihre Voraussetzungen und Wirkungsweise konzentriert.
Ausgangspunkt der Beobachtung der zweiten Phase ist die hohe Abhängigkeit lokaler Netzwerke und damit auch der beteiligten Instanzen der Kinder- und Jugendhilfe in Bezug auf die Stadtteile von der vorherrschenden kommunalpolitischen Steuerung. Von Interesse ist dabei die Frage nach dem Zustandekommen kommunalpolitischer Entscheidungen sowie der unterschiedlichen Bedeutung lokaler Netzwerke und jeweiliger Akteure.
Die Strategien der Jugendpolitik zur Verbesserung der sozialen und beruflichen Integration von Kindern und Jugendlichen ist in den europäischen Ländern unterschiedlich. Im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft wird es dazu einen europäischen Fachkongress geben, der einen systematischen Vergleich nationaler Strategien in Europa ermöglichen soll. Im Rahmen dieses Kongresses werden unterschiedliche europäische Handlungsstrategien identifiziert, mit anderen europäischen Politikstrategien, Programmen und Verfahren verglichen und mögliche gemeinsame, europaweite Strategien abgeleitet.
Fachkongress: 26. bis 28. Juni 2007 in Leipzig, veranstaltet durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).
Weitere Informationen zum Fachkongress unter http://www.eyc2007.eu
Die Dokumentation zum Fachkongress ist in deutscher, englischer und französischer Sprache erschienen.
Weitere Informationen zum Baustein LOS bei der Regiestelle von SPI und gsub unter los-online
In der zweiten Phase der wissenschaftlichen Begleitung von E&C soll der Blick über die Analyse der entstandenen institutionellen Netzwerkstrukturen in den Stadtteilen hinaus erweitert werden.
Der Fragestellung liegen zwei Prämissen zugrunde:
- Das Programm E&C war – wie bereits angedeutet – insofern erfolgreich, als es gelungen ist, zahlreiche neue stadtteilbezogene Netzwerke und Kooperationen vor Ort anzuregen, zu unterstützen und zu stiften. Systematisch gesprochen bedeutet dies, dass im Hinblick auf die Stadtteilentwicklungen die Programme Soziale Stadt und E&C ein breites Spektrum von AkteurInnen angesprochen und eingebunden haben. Die bevorstehenden Reformen (z.B. flächendeckende Einführung von Job-Centern und PersonalServiceAgenturen) werden das Spektrum der für die Stadtteile wichtigen AkteurInnen noch erweitern.
- Wenn auch die Beteiligungsformen und Entscheidungsprozesse unterschiedlich ausgeprägt waren, so spricht doch viel dafür, dass mit den beiden Programmen der Aspekt der ziel- und problembezogenen Handlungskoordinierung als Modus der politischen Steuerung an Bedeutung gewonnen hat – auch wenn er sich keineswegs überall durchgesetzt hat. In beispielhafter Weise gilt dies auch für das Instrument der lokalen Aktionspläne.
Beide Prämissen legen die These nahe, dass Erfolg und Wirkung beider Programme, von der Art und Weise der kommunalpolitischen Steuerung abhängen. Von besonderem Interesse ist dabei, dass sowohl die (stadt-) soziologische und politologische Fachdiskussion im Kontext des Programms „Soziale Stadt“ als auch die Beobachtungen der wissenschaftlichen Begleitung von E&C im Hinblick auf die Formen der (fach-)politischen Steuerung zunehmend die Ambivalenzen der Programme betonen. So kann für den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe empirisch belegt werden, dass in Bezug auf die Stadtteile sehr unterschiedliche Entscheidungsstrategien verfolgt wurden.In der internationalen stadtsoziologischen und politischen Diskussion und Forschung hat sich angesichts dieser Entwicklungen das Stichwort „urban governance“ eingebürgert. Die Diskussion um Konzepte und Begriffe wie „urban governance“, "participatory governance", "local regulatory capacity", "collaborative planning" – reagiert auf die Entwicklung in Städten, dass die Zahl der die Lebensbedingungen vor Ort mitgestaltenden AkteurInnen und Netzwerke zunimmt, dass diese nicht mehr hierarchisch, gleichsam top-down steuerbar sind und dass es deshalb dezentraler, kooperativer und partizipativer Gestaltungsstrategien und Entscheidungsprozesse bedarf.
Da der primäre Partner des Programmes E&C die in den Stadtteilen und deren Umfeld tätigen öffentlichen und freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe und deren Dachverbände bis hin zu den Trägerzusammenschlüssen und Geschäftsstellen auf Bundesebene sind, liegt es nahe, dass die wissenschaftliche Begleitung sich primär auf die Rolle der Träger der Kinder- und Jugendhilfe und der anderen jugendpolitischen AkteurInnen im Stadtteil konzentriert.
Damit wird auf der einen Seite das Verhältnis der Kinder- und Jugendhilfe zu den anderen lokalen AkteurInnen und deren Einbettung in die kommunalen Politiken und auf der anderen Seite die gleichsam kinder- und jugendhilfeinterne Seite, nämlich das Verhältnis von öffentlichen und freien Trägern in den Blick genommen.Zur Erfassung der jeweiligen kommunalpolitischen Steuerungsmodi in den E&C-Standorten wurden zwei methodische Zugänge gewählt. Zunächst wurden auf der Grundlage theoretischer Überlegungen im Kontext der benannten Governanceperspektiven Leitfäden entwickelt, anhand derer an ausgewählten Modellstandorten qualitative Interviews mit Schlüsselpersonen aus den E&C/LOS-Stadtteilen durchgeführt wurden. Die Ergebnisse bildeten die explorative Basis für die Entwicklung der quantitativen Erhebungsinstrumente zur Erfassung des kommunalen Kontextes für die Umsetzung von E&C und LOS in allen beteiligten Kommunen.
Durch das triangulierte Vorgehen ist es möglich, eine umfassende Perspektive auf den lokalen Handlungsrahmen der Akteure der Kinder- und Jugendhilfe bei der Umsetzung von E&C/LOS zu gewinnen sowie hinderliche und förderliche Faktoren für eine erfolgreiche Programmumsetzung im Detail zu benennen.