Digitale Bilderbücher in der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung
Zum Download der Handreichung:
www.dji.de/digitalebilderbuecher/handreichung
Mit dem digitalen Wandel geht eine Durchdringung der Alltagswelten der Kinder mit digitalen Medien einher. Dieser gesellschaftliche Wandel, wie auch die Entwicklungen der COVID-19-Pandemie haben dazu geführt, dass digitale Medien in Kindertageseinrichtungen mehr Aufmerksamkeit von Forschung und Politik bekommen haben. Immer häufiger wird thematisiert, ob und wie „digitale Kindheiten“ (Wiesemann u.a. 2020) im pädagogischen Alltag der Kita aufgegriffen werden sollen. Bisher sind digitale Medien im Elementarbereich jedoch noch wenig verbreitet. Sie werden eher als Organisations- und Kommunikationsmittel genutzt und weniger in der pädagogischen Arbeit eingesetzt (Knauf 2019). Diskutiert wird das Ausmaß, in dem Kindertageseinrichtungen auf die sozialen und kulturellen Auswirkungen von Digitalität (Hauck-Thum/Noller 2021) reagieren sollten und auf welche Art und Weise die jungen Kinder im Umgang mit digitalen Medien pädagogisch begleitet werden können bzw. müssen. Der konkrete Einsatz sowie die Aktivitäten und Umgangsweisen der Kinder und Fachkräfte mit den digitalen Medien wurden, trotz zunehmender Anzahl an Modellprojekten in den letzten Jahren, die die Nutzung digitaler Medien für die pädagogische Arbeit in den Kitas unterstützen und vorantreiben sollen (Reichert-Garschhammer 2020), bisher wenig betrachtet. Dieser Leerstelle wendete sich dieses Projekt zu.
Im Forschungsprojekt „Digitale Bilderbücher in der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung“ wurde in einem qualitativen Forschungsdesign der Einsatz digitaler Bilderbücher im Kitaalltag sowie die Chancen und Herausforderungen die damit einhergehen untersucht. In dem Zusammenhang wurde beforscht, wie digitale Bilderbücher in die pädagogische Arbeit einbezogen werden. Das Projekt beleuchtete den Einsatz digitaler Bilderbücher im Kontext einer alltagsintegrierten sprachlichen Bildung innerhalb institutioneller Betreuungssettings, d.h. in Abhängigkeit des sozialen Arrangements des Kitaalltags und seiner Akteure.
Das Projekt ist mittlerweile abgeschlossen. Die zentralen Ergebnisse und Erkenntnisse des Projekts, mit anschaulichen Beispielen aus der Kitapraxis, wurden in einer Handreichung zusammengefasst. Die Handreichung soll das Einbinden digitaler Formate in den pädagogischen Alltag erleichtern und pädagogische Fachkräfte beim Umgang mit und Nutzen von digitalen Bilderbüchern in der pädagogischen Praxis unterstützen. Zum Download der Handreichung gelangen Sie hier.
Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ gefördert.
Das Projekt bearbeitete die Fragen, (a) wie genau digitale Bilderbücher in den Kitas nicht nur durch Fachkräfte, sondern auch durch die Kinder verwendet werden, (b) welche Sprachanlässe und andere Aktivitäten diese Medien in unterschiedlichen Settings des Kitaalltags initiieren und (c) durch welche Strategien der Kitaleitungen und der pädagogischen Fachkräfte sie langfristig in alltägliche Abläufe und Routinen sowie in das pädagogische Konzept der Kitas integriert werden. Das Projekt soll einen Beitrag dazu leisten, die Prozesse von Digitalisierung in Kitas durch konzeptionelle Vorschläge zu begleiten und die Nachhaltigkeit bereits erzielter Erfolge alltagsintegrierter Sprachbildung des Bundesprogramms Sprach-Kitas zu sichern.
Im Rahmen des Forschungsprojektes wurden folgende Fragestellungen bearbeitet:
- Wie und wann werden digitale Bilderbücher im Alltag der Kita genutzt (z.B. mit welchen Kindern, in welchen Situationen)?
- Welche Sprachanlässe zwischen den Kindern und Fachkräften werden durch digitale Bilderbücher initiiert?
- Wie gehen die Kinder und die Fachkräfte mit den digitalen Bilderbüchern um?
- Welche Varianten des Einsatzes und des Umgangs mit digitalen Bilderbüchern zeigen sich bei unterschiedlichen Kindern, wie z.B. Kindern mit verschiedenen Familiensprachen oder niedrigen sozioökonomischen Herkunftsmilieus?
- Welche Strategien, Ressourcen und organisationalen Strukturen fördern oder behindern den Prozess der Implementierung digitaler Bilderbücher in den pädagogischen Alltag?
Um die beteiligten Akteure sowie die Ausgestaltung von Alltagssituationen und Settings, in denen digitale Bilderbücher zum Einsatz kommen, untersuchen zu können, setzte das Projekt auf ein methodenplurales Vorgehen im qualitativen Forschungsansatz der Einzelfallstudie. Hierfür wurden vier Kitas ausgewählt, die bereits digitale Bilderbücher in ihrem Kitaalltag einsetzten. Zum einen kamen leitfadengestützte Interviews mit Einrichtungsleitungen und Fokusgruppen mit pädagogischen Fachkräften zum Einsatz. Sie dienten dazu den interaktiven Charakter der einrichtungsbezogenen Teamkommunikation, sowie die subjektiv wahrgenommenen Erfahrungen der Integration digitaler Bilderbücher in alltägliche pädagogische Abläufe und in die konzeptionelle Arbeit der Kita, zu erfassen. Zum anderen wurde mit Hilfe von Videoaufnahmen der situative Einsatz von und der Umgang mit digitalen Bilderbüchern in unterschiedlichen Settings des alltäglichen Geschehens in den Einrichtungen rekonstruiert.
Die qualitativen Daten der Interviews und Fokusgruppen wurden anhand eines vorwiegend induktiv entwickelten Kategoriensystems (Kruse 2015; Kelle/Kluge 2010) in iterativer Vorgehensweise erschlossen, um daraus unter Einbezug des aktuellen theoretischen Kenntnisstandes, Kriterien für eine gelungene Integration digitaler Bilderbücher für die alltagsintegrierte sprachliche Bildung abzuleiten. Auf Basis der interpretativen Videoanalyse (Tuma/Schnettler/Knoblauch 2013) erfolgte die Analyse der Settings in denen digitale Bilderbücher zum Einsatz kamen, sowie die darin eingebundenen Interaktionen. Sequenzanalytische Verfahren der Gesprächsanalyse ermöglichten zudem, die geordnete Verlaufslogik von Praktiken der Kinder und der pädagogischen Fachkräfte auszuwerten. Zudem wurden ausgewählte Videosequenzen von digitalen Bilderbuchbetrachtungen hinsichtlich zu beobachtender Sprachlehrstrategien (d.h. werden bestimmte Sprachlehrstrategien von den pädagogischen Fachkräften eingesetzt und wenn ja, welche) eingeschätzt. Die Erkenntnisse daraus wurden fallbezogen mit den qualitativen Daten der interpretativen Videoanalyse in Verbindung gebracht. Das Projekt ist mittlerweile abgeschlossen und die zentralen Ergebnisse und Erkenntnisse wurden in einer Handreichung für die Fachpraxis zusammengefasst.
Hauck-Thum, Uta/Noller, Jörg (2021): Was ist Digitalität? Philosophische und pädagogische Perspektiven. Berlin/Heidelberg
Kelle, Udo/Kluge, Susann (2010): Vom Einzelfall zum Typus. Fallvergleich und Fallkontrastierung in der qualitativen Sozialforschung. 2., überarb. Aufl. Wiesbaden
Knauf, Helen (2019): Digitalisierung in Kindertageseinrichtungen. Ergebnisse einer Fragebogenerhebung zum aktuellen Stand der Nutzung digitaler Medien. Frankfurt
Kruse, Jan (2015): Qualitative Interviewforschung. Ein integrativer Ansatz. 2., überarbeitete und ergänzte Auflage. Weinheim/Basel
Reichert-Garschhammer, Eva (2020): Nutzung digitaler Medien für die pädagogische Arbeit in der Kindertagesbetreuung. Expertise des IFP im Auftrag des BMFSFJ
Tuma, René/Schnettler, Bernt/Knoblauch, Hubert (2013): Videographie. Einführung in die interpretative Videoanalyse sozialer Situationen. Wiesbaden
Wiesemann, Jutta/Eisenmann, Clemens/Fürtig, Inka/Lange, Jochen/Mohn, Bina E. (2020): Digitale Kindheiten. Wiesbaden
Folgende Veröffentlichungen sind im Rahmen des Projekts erschienen:
- Weihmayer, Lena/Groth, Katarina (2022): Einsatz digitaler Bilderbücher im Kita-Alltag: erste empirische Einblicke. In: Botzum, Edeltraud/Urlen, Marc (Hrsg.): Betreuung von Kleinstkindern. Qualität von Anfang an in Krippe, Kindergarten und Kita. Reihe: Die digitale Kita. Band 33. Lieferung. Köln, S. 1-8
- Groth, Katarina/Engel, Juliane/Fakhir, Zainab/Weihmayer Lena (2022): Digitale Bilderbücher in der Kita. Handreichung basierend auf zentralen Ergebnissen des Projekts „Digitale Bilderbücher in der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung“. DJI, München
- Weihmayer, Lena/Flämig, Katja/Groth, Katarina (2023, im Erscheinen): Herumdoppeln oder Zuhören? Organisationskulturelle Betrachtungen des Einsatzes digitaler Bilderbücher in der Kita. MedienPädagogik, Themenheft „Gerecht, digital, nachhaltig! Interdisziplinäre Perspektiven auf Lehr- und Lernprozesse in der digitalen Welt“