Analysen der Praxislandschaft im Bereich der Extremismusprävention und im Bereich Demokratieförderung

Ein weiterer Schwerpunkt der institutionenbezogenen Perspektive beinhaltet jährliche themenbezogene Analysen der Praxislandschaft im Bereich der Extremismusprävention oder im Bereich Demokratieförderung. In den Analysen werden aktuelle gesellschaftliche und fachliche Entwicklungen aufgegriffen und dabei nationale wie internationale Akteure der pädagogischen Fachpraxis in den Blick genommen.
Ein aktuelles Vorhaben in diesem Schwerpunkt zielt darauf ab, zum Verständnis unterschiedlicher Verwendungsebenen des Begriffs pädagogischer „Demokratieförderung“ beizutragen. Während sich „Demokratieförderung“ u.a. im Bundesprogramm „Demokratie leben!“ als spezifisches außerschulisch-pädagogisches Handlungsfeld etabliert, zeigt sich eine Vielzahl an Handlungsfeldern, die Berührungspunkte zu diesem Begriff aufweisen. Das Vorhaben soll daher herausarbeiten, wie der Begriff „Demokratieförderung“ in diesem Zusammenhang verhandelt wird. Dazu sollen die hinter der Verwendung des Begriffs liegenden Verständnisse expliziert und strukturiert werden.


Es sollen zentrale Dokumente, die die Fördergrundlagen für Angebote pädagogischer Demokratieförderung definieren, analysiert werden. Gefragt wird danach, welche Handlungsfelder sich der Demokratieförderung widmen und welche zentralen Zielstellungen und Orientierungspunkte formuliert werden. Die Auswertung erfolgt mittels einer Analyseheuristik, sowie deren inhaltsanalytisch-kodierender Auswertung in Bezug auf das Konzept Demokratieförderung. Ergänzend soll Forschungsliteratur die „Demokratieförderung“ in pädagogischen Kontexten prominent thematisiert, recherchiert sowie Forschungslagen zentraler Ebenen, Diskussionspunkte und Schlussfolgerungen überblicksartig aufarbeitet werden.

Die Forschungsberichte bilden die Publikationsreihe „Zur pädagogischen Praxis der Demokratieförderung und Extremismusprävention“, die von der „Arbeits- und Forschungsstelle Demokratieförderung und Extremismusprävention“ herausgegeben wird. In ihr finden sich Texte, die Überblicke, Einordnungen, weiterführenden Analysen und Vergleiche zur Praxis in den beiden Handlungsfeldern vermitteln sollen.

1. Schwerpunktbericht: "Konzepte pädagogischer Demokratieförderung in Förderprogrammen der Bundesländer"

Joachim Langner

„Demokratieförderung“ bezeichnet ein sich entwickelndes und neu konturierendes Handlungsfeld pädagogischer Arbeit. Der Begriff ist allerdings Gegenstand offener Klärungsprozesse, die mit definitorischen Schwierigkeiten und normativen sowie politischen Fallstricken verbunden sind. Der Bericht „Konzepte pädagogischer Demokratieförderung in Förderprogrammen der Bundesländer“ wirft einen empirischen Blick auf die Begriffsverwendung in Konzeptdokumenten entsprechender Landesprogramme und arbeitet heraus, welches konzeptionelle Verständnis von Demokratieförderung den Programmen zugrunde liegt. Im Ergebnis zeigen sich unterschiedliche Typen unterschiedlicher Ziel- und Umsetzungslogiken der Demokratieförderung, die zusammengenommen regional unterschiedliche Perspektiven der „Demokratieförderung“ in Deutschland sichtbar machen. Die Unschärfen des Begriffs reproduzieren sich dabei auch in den Landesprogrammen.

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2. Schwerpunktbericht: "Digitale Extremismusprävention international – Anregungspotenziale für die deutsche Praxis?"

Sally Hohnstein & Maren Zschach (Hrsg.)

Der Bericht hat die internationale Praxis digitaler Extremismusprävention zum Gegenstand. Ziel ist es, einen Überblick über die internationale Praxislandschaft digitaler Extremismusprävention zu geben und sie anschließend daraufhin zu befragen, ob sie Anregungspotenziale für die deutsche Praxis bieten kann. Hintergrund ist die immer stärkere Relevanz von Online-Radikalisierung. Extremismusprävention bewegt sich daher verstärkt auch in digitalen Medien und bezieht diese in ihr Handeln ein. Dies umfasst ein breites Spektrum von Aktivitäten wie etwa die Produktion sogenannter Counter-Narratives, Maßnahmen zur Zielgruppenerreichung wie digitaler Streetwork oder die digitale Vernetzung und Weiterbildung von Fachkräften der Präventionsarbeit. Der von Sally Hohnstein verfasste erste Teil des Berichts strukturiert diese Ansätze und Entwicklungen, ordnet diese ein, und formuliert schließlich Schlussfolgerungen und Empfehlungen. Die Datengrundlage bildet eine Recherche von Maral Jekta und Dr. Götz Nordbruch zu internationalen Angeboten digitalmedienbasierte Extremismusprävention. Diese Recherche bildet den zweiten Teil des Berichts und bietet einen Überblick über einzelne Angebote.

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3. Schwerpunktbericht: "Auseinandersetzung mit antimuslimischem Rassismus unter (potenziell) betroffenen Jugendlichen"

Annika Jungmann und Joachim Langner (Hrsg.), 2023

Der Bericht thematisiert antimuslimischen Rassismus als fortlaufendes Problem im Alltag muslimischer oder als muslimisch gelesener junger Menschen sowie den Bedarf an Angeboten für eine pädagogische Auseinandersetzung und Aufarbeitung von Diskriminierungserfahrungen unter (potentiell) Betroffenen.

Im ersten Teil des Berichts wird die pädagogische Praxislandschaft zur Auseinandersetzung mit antimuslimischem Rassismus unter (potentiell) betroffenen Jugendlichen untersucht. Die Datengrundlage für diese von Annika Jungmann und Joachim Langner für die AFS vorgelegte Analyse stellt eine systematische Recherche von Jan Düsterhöft und Prof. Riem Spielhaus (Georg-Eckert-Institut für Schulbuchforschung), die den zweiten Teil dieses Berichts bildet.

Basierend auf der Recherche zeigt die Analyse mit Blick auf die Strukturdaten und die pädagogische Ausrichtung der Akteur:innen und Angebote einerseits eine strukturelle Konsolidierung des relativ jungen Angebotsspektrums. Andererseits verweist sie auf Entwicklungspotentiale und Bedarfe insbesondere bei der unmittelbaren Unterstützung junger Betroffener. Es wird weiterhin deutlich, dass es kaum Angebote gibt, die sich speziell auf die konkreten Bedarfe der jungen Menschen fokussieren, die von antimuslimischem Rassismus betroffen sind. Diese wenigen Angebote werden i.d.R. eigenfinanziert von „Selbstorganisationen*“ mit islamischem und/oder (post-)migrantischem Profil. Das kann auf einen Bedarf einer Förderung für eben solche Angebote hindeuten. Die Analyse der Rechercheergebnisse verweist außerdem auf demokratiefördernde Zieldimensionen der Angebote, die eng mit deren pädagogischer Arbeit verbunden sind. In der pädagogischen Auseinandersetzung mit antimuslimischem Rassismus unter (potentiell) betroffenen Jugendlichen finden sich somit Anknüpfungspunkte für die Praxis pädagogischer Demokratieförderung.

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4. Schwerpunktbericht: "Antimuslimischer Rassismus und islamistischer Extremismus. Wechselseitige Bezüge in Forschung und pädagogischer Praxis"

Joachim Langner und Annika Jungmann (2024)

Die wechselseitigen Verbindungen von antimuslimischem Rassismus und islamistischem Extremismus zueinander in der pädagogischen Praxis sind seit den ersten pädagogischen Angeboten der Auseinandersetzung mit islamistischem Extremismus ein Thema in Fachdiskursen. Dabei werden auch Zusammenhänge zwischen den beiden Phänomenen diskutiert, deren empirische Untersuchung herausfordernd ist. Untersuchungen pädagogischer Arbeit zeigen jedoch, dass pädagogische Angebote beide Themen in der Praxis teilweise miteinander verknüpfen und Zusammenhänge benennen. Ziel des Berichts ist es, diese Verbindungen und Spannungsverhältnisse der beiden Themen in Bezug auf die pädagogische Praxis anhand des aktuellen Forschungsstands wissenschaftlicher Literatur darzulegen und auszudifferenzieren. Dazu werden Studienergebnisse zu wechselseitigen Verbindungen der Themen dargestellt und diskutiert. Das Review der Forschungsbefunde zeigt in Prozessen der Hinwendung und Radikalisierung junger Menschen zum islamistischen Extremismus vielfältige Zusammenhänge zu antimuslimischem Rassismus: Diese können über individuelle Diskriminierungserfahrungen, über die Wahrnehmung fehlender gesellschaftlicher Zugehörigkeit und Anerkennung und über die Identifikation mit kollektiven Gruppen (potenziell) Betroffener zu islamistisch-extremistischen Radikalisierungsprozesssen beitragen. Diese Zusammenhänge sind allerdings komplex und kontextabhängig. Besonders ist dabei zu beachten, dass Diskriminierungserfahrungen nicht nur unmittelbar als individuelle Krisenerfahrung in der Radikalisierung verarbeitet werden, sondern dass sie über die Ebene kollektiver Identifikation gerade indirekt zu einem Engagement motivieren können, das je nach Kontext demokratisch-emanzipativ oder an extremistische Narrative anschlussfähig verlaufen kann. Das Review der Forschung zu antimuslimischem Rassismus stellt heraus, dass es sich dabei um ein strukturelles Problem in der Gesellschaft handelt, das fortwährend bestehen bleibt. Einen Teil davon bilden antimuslimische Einstellungen, die durch zuschreibende Diskurse, die sich auf islamistischen Extremismus beziehen nach Ereignissen wie terroristischen Anschlägen verstärkt werden können. Zugleich führen zuschreibende Islamdiskurse zur assoziativen Vermengung von „Islam“ und „Islamismus“ und somit auch von „Muslim:innen“ und „Islamist:innen“. Diese Vermengung knüpft an Narrative vermeintlich gefährlicher Muslim:innen an, die auch eine Brücke zum Rechtsextremismus darstellen. Forschungsbefunde zur pädagogischen Praxis verweisen darauf, dass antimuslimischem Rassismus in der Auseinandersetzung mit islamistischem Extremismus eine wichtige Rolle zukommt. Antimuslimischer Rassismus ist dabei sowohl Thema der Arbeit als auch eine Rahmenbedingung, mit der sich die Praktiker:innen auseinandersetzen müssen. Ein sensibler Umgang mit dem Thema antimuslimischer Rassismus sowie entsprechenden Erfahrungen sind daher für die Praxis der (präventiven) Auseinandersetzung mit islamistischem Extremismus zu empfehlen, aber auch für andere pädagogische Kontexte in Jugendarbeit, Schule oder politischer Bildung. Insgesamt verweisen die Befunde auf einen besonderen Bedarf nach antirassistischer Bildungsarbeit, die durch ihre Relevanz für die Auseinandersetzung mit islamistischem Extremismus neben ihrer grundsätzlichen Wichtigkeit eine zusätzliche Bedeutung erhält. Der Bericht ist der vierte Band der Reihe „Zur pädagogischen Praxis der Demokratieförderung und Extremismusprävention“, die von der „Arbeits- und Forschungsstelle Demokratieförderung und Extremismusprävention“ am Deutschen Jugendinstitut herausgegeben wird.

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