Mit dem Thema Ungleichheit und Kinderarmut werden die Reproduktion, die Folgen und die Risiken des Aufwachsens unter deprivierten Bedingungen herausgearbeitet.

So sollen typische Handlungs- und Verhaltensweisen aufgezeigt werden, die den Umgang mit den herrschenden Bedingungen auf Familien- und Individualebene widerspiegeln. Es lassen sich Aussagen machen, welche habitualisierten Verhaltensweisen gerade bei den älteren Kindern bereits vorhanden sind und wie diese eingesetzt werden.

Unter Armutsbedingungen lassen sich dann jene Konstellationen aufzeigen, die entweder zur Reproduktion oder zu einer möglichen veränderten Verhaltensdisposition führen. Damit kann deutlich gemacht werden, über welche Kapitalien Kinder verfügen sollten, um unter den für sie gültigen Lebensbedingungen ein Scheitern zu verhindern.

Die Darstellung und systematische Verortung der empirischen Befunde kann zu entsprechenden Empfehlungen an die Praxis führen.

Mit Blick auf die frühkindliche Phase werden Bildungs- und Betreuungspraktiken der Familien fokussiert:

Im Lichte des jüngeren Angebotsausbaus interessiert zunächst die Frage, zu welchen neuen Betreuungsarrangements und Formen des Aufwachsens zwischen Privatheit und Öffentlichkeit die jüngeren familienpolitischen Maßnahmen (Ausbau der Kindertagesbetreuung, Einführung des Elterngeldes) führen. Gefragt wird, inwiefern der aktuelle Angebotsausbau zu einer Ausweitung der Inanspruchnahme führt, die für alle Betroffenen unabhängig von der sozialen Herkunft vergleichbar ist, oder ob soziale Gruppen vor dem Hintergrund unterschiedlicher familiärer Betreuungspraktiken diese Angebote verschieden wahrnehmen und dadurch neue sozial differenzierte Betreuungsmuster entstehen. Aufgrund der aktuell hohen Dynamik in diesem Bereich ist eine enge Beobachtung der Entwicklung unerlässlich, um gegebenenfalls nachsteuern zu können.

Auch ist noch zu wenig darüber bekannt, wie die Distanz bestimmter Gruppen zu öffentlichen Angeboten der Bildung und Betreuung überwunden werden kann. Dazu sollen sowohl die in den Familien vorhandenen Betreuungsvorstellungen und Betreuungsstile als auch Faktoren der Angebotsseite (unterschiedliche Angebotsdichte, Ausgestaltung von Angeboten, Kosten usw.) in die Analyse einbezogen werden. Gerade der Aspekt der „Passung“ zwischen Angebots- und Nachfrageseite ist in der bisherigen fachpolitischen Auseinandersetzung unterbelichtet.

Gegenüber bisherigen Ansätzen wird zugleich versucht, die Inanspruchnahme öffentlicher Angebote im Kontext familiärer Alltagspraktiken und Vorstellungen zum Aufwachsen von Kindern zu deuten.Durch die differenzielle Verschränkung inner- und außerfamiliärer Bildungsaktivitäten und Betreuungsarrangements entstehen für Kinder nicht zuletzt unterschiedliche Erfahrungswelten und Lerngelegenheiten, die ihre individuellen Bildungsprozesse vorstrukturieren.

Mit Blick auf die Kinder im Schulalter wird der Zusammenhang zwischen soziostrukturellen Bedingungen der Familien von Schulkindern und verschiedenen Aspekten der psychosozialen Entfaltung der Kinder (z.B. soziale und schulbezogene Kompetenzen, eigenes Kompetenzerleben) untersucht.

Hierbei wird der Fokus auf die Frage gelegt, inwieweit die „Alltagspraxis“ in verschiedenen Umfeldern (z.B. die kindliche Teilnahme an Freizeitaktivitäten und gesellschaftlichen Angeboten oder die Erfüllung psychologischer Grundbedürfnisse der Kinder durch die Eltern) die Auswirkung von sozialstrukturellen Ungleichheiten auf die psychische Gesundheit der Kinder sowie auf ihre soziale und schulbezogene Kompetenz beeinflusst.

In diesem Zusammenhang werden auch die sekundären Effekte sozialer Ungleichheiten der Herkunftsfamilie, die sich in sozial bedingten Bildungsaspirationen manifestieren, in ihrer Differenziertheit berücksichtigt. Verschiedene Autoren konstatieren, dass vermutlich die sekundären Herkunftseffekte bedeutsamer sind als die primären Herkunftseffekte (Müller/Haun 1994), d.h., dass zentrale soziale Mechanismen der Bildungsungleichheit auf schichtspezifischen bzw. milieuspezifischen Bildungsentscheidungen beruhen. Aus diesen Analysen können Erkenntnisse darüber gewonnen werden, auf welcher Ebene man zusätzliche sozialpolitische Maßnahmen ergreifen sollte, um eine bedarfsgerechte Förderung der kindlichen Gesundheit und Kompetenzentwicklung zu erzielen.


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