Was ist Familie?
Familie ist eine Herstellungsleistung von Sorgebeziehungen, an der verschiedene Akteure beteiligt sind. Als historisch und kulturell wandelbarer, privater Lebenszusammenhang und Lernort von Generationen und Geschlechtern ist sie ein zentrales Strukturelement von Gesellschaft.
Zentrale Elemente:
- Familie ist ein historisch und kulturell wandelbares System persönlicher, fürsorgeorientierter und emotionsbasierter Generationen- und Geschlechterbeziehungen. Sie verändert sich im Familienverlauf und korrespondierend dazu im Lebensverlauf der Individuen immer wieder hinsichtlich Zusammensetzung, Leistungen und Bedeutung für die Familienmitglieder und für die Gesellschaft und kann entlang unterschiedlicher Kriterien gelingen oder scheitern.
- Familie ist Lebenszusammenhang und Lernwelt von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Hier werden Persönlichkeit ausgebildet und Kompetenzen für die Lebensführung erworben. Dabei ist die Perspektive auf Familie als System zu unterscheiden von der Perspektive auf die (divergenten) Familienmitglieder, d.h. der jeweils unterschiedlichen Aktivität bzw. Betroffenheit von Familienmitgliedern entlang ihrer geschlechts- und generationenhierarchischen Positionierung.
- Familie ist permanente Herstellungsleistung der beteiligten privaten und öffentlichen Akteure. Als System ist sie selbst Akteur mit eigenen Ressourcen, Handlungs- und Innovationspotenzialen an den Schnittstellen zwischen Privatheit und verschiedenen Öffentlichkeiten, d.h. dem Institutionengeflecht zwischen Betreuungs- und Bildungs- und wohlfahrtsstaatlichen Institutionen, Erwerbsarbeit, den Institutionen der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe sowie sozialem Nahbereich und Nachbarschaft.
- Familie ist ein zentrales Strukturelement von Gesellschaft: Sie erbringt unverzichtbare Leistungen für Wirtschaft und Gesellschaft, produziert Humanvermögen, leistet private und teilweise öffentliche Fürsorge (Care) und stiftet sozialen Zusammenhalt. Private Beziehungen, die Betreuung und Förderung von Kindern sowie die familiale, vor allem von Frauen erbrachte Fürsorgearbeit sind die „andere“, notwendige Seite von Erwerbsgesellschaft und Wohlfahrtsstaat. Umgekehrt ist Familie angewiesen auf die Leistungen, Berücksichtigung und Anerkennung der mit ihr verknüpften gesellschaftlichen Teilsysteme.