Digitale Medien in der Lebenswelt von Klein- und Vorschulkindern
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"Wischen" ist das neue Verb, mit dem das Aufwachsen der Kinder mit den neuesten digitalen Medien umschrieben wird. Nachdem Smartphones und Tablet-Computer mit ihren Bedieneroberflächen nahezu keine speziellen instrumentellen Fertigkeiten erfordern und die Softwarehersteller für jede Altersgruppe "Content" produzieren, haben die neuesten Geräte Eingang in die Lebenswelt bereits von Kleinkindern gefunden. Wie Computer und Internetzugang werden diese Geräte von Klein- und Vorschulkindern - falls die Eltern es erlauben - mitgenutzt. Was bieten diese internetfähigen Geräte und was bieten Apps den Kindern? Welche Motive haben Eltern, ihren Kindern Zugang zu diesen Medien zu gewähren? Wie stellt sich das pädagogische Fachpersonal zu den erweiterten digitalen Medienwelten der Kinder? Anknüpfend an die Beobachtungsstudie "Wie entdecken Kinder das Internet?" wurde der Frage nachgegangen, wie Kinder Smartphones und Tablets nutzen, auf welche Art und Weise sie sich diese Medien aneignen und welche Nutzungsstile sie entwickeln. Nicht zuletzt ist nach den Lernchancen, die diese Medien bieten, und nach den Anforderungen an das medienpädagogische Handeln von Erwachsenen zu fragen.
Zielsetzung
Ziel des Projektes war es, sich auf die Veränderungen in den Medienwelten 0- bis 6-jähriger Kinder einzulassen und erziehungs- und bildungsrelevante Erkenntnisse über den Umgang von Klein- und Vorschulkindern mit den neuen digitalen Medien zu gewinnen. Zum einen ging es darum, die Kindermedienangebote, die im Kontext der neuen digitalen Gerätegeneration - den Smartphones und Tablets - entstehen, zu dokumentieren und medienpädagogisch zu bewerten. Zum anderen wurde untersucht, wie Kinder diese Medien nutzen und in welchen Alltagssituationen sie das tun. Dabei sollen im Kontext der pädagogischen Folgen technologischer Neuentwicklungen und deren Veralltäglichung Vorschläge für Qualifizierungsmaßnahmen von Erzieherinnen entwickelt, aber auch potenzielle Einsatzmöglichkeiten im Kindergartenalltag geprüft werden. Medienerfahrungen werden im Klein- und Vorschulalter vornehmlich in der Familie gesammelt und von den Kindern in die Kindertagesstätte "hineingetragen". Welche Qualifikationen benötigen Erzieherinnen, um mit diesen Erfahrungen umgehen, diese produktiv in ihre pädagogische Arbeit einbinden und um Kinder bei der Aufarbeitung ihrer Medienerlebnisse unterstützen zu können? Gibt es erziehungs- und bildungsrelevante Argumente, die digitalen Medien auch innerhalb der Institutionen zu nutzen? Auf der Grundlage einer qualitativen Studie zur Bedeutung und Funktion der digitalen Medien im Alltag von jungen Kindern sollen Merkmale der Medienqualifikation von Erzieherinnen abgeleitet werden. Mit Blick auf die Qualität frühpädagogischer Weiterbildung (WiFF) ist es erforderlich, frühzeitig neue Entwicklungen wahrzunehmen, denn die Forderung "Medienerziehung von Anfang an" ist ohne das Pendant, "Medienqualifizierung der Erzieherinnen von Anfang an" nicht einzulösen.
Untersuchungsschwerpunkte
- Recherche und medienpädagogische Bewertung von digitalen Medieninhalten - von Apps und Internetangeboten - für Klein- und Vorschulkinder
- Einschätzung der Folgen der neuen Entwicklungen auf dem Medienmarkt für das Aufwachsen von jungen Kindern und die alltägliche Lebensführung in Familien
- Praktischer Umgang von Klein- und Vorschulkindern mit Smartphones, Tablets und Computer sowie alters- und erfahrungsabhängiges Nutzungsverhalten
- Nutzungssituationen und Nutzungskontexte digitaler Medien bzw. deren Integration in den Kinder- und Familienalltag
- Lern- und Gefährdungspotenziale digitaler Medien für die kognitive, emotionale und soziale Kompetenzentwicklung von Kindern
- Stellenwert der digitaler Medien in der primären und sekundären Erfahrungswelt der Kinder
- Bedeutung digitaler Medieninhalte für Bildungs- und Lernprozesse junger Kinder aus Sicht von Eltern und pädagogischen Fachkräften
- Beratungsbedarf: Medienbildungsbedarf von Eltern und Weiterbildungsbedarf frühpädagogischer Fachkräfte
Konzeption und Methoden
Das in weiten Teilen noch unbearbeitete Forschungsfeld wurde zunächst über Gespräche mit Experten unterschiedlicher Wissenschaftsdisziplinen erschlossen. Mithilfe der Sondierung des Kinder-Online-Markts nach Bildungs- und Förderbereichen sowie Lebensweltbezug der Angebote soll das Lern- und Unterhaltungspotenzial im Kontext der Entwicklung von Kindern herausgearbeitet werden. Eine qualitative Beobachtungsstudie zum Umgang der Kinder mit den Inhalten auf Smartphones und Tablets, die die Usability der Geräte mit umfasst, soll Aufschluss darüber geben, in welcher Weise sich Kinder im jungen Alter Medien aneignen und welchen Nutzen sie ggf. aus deren Verwendung ziehen. Über Nutzungskontext und die Funktion der Medien im Familienalltag sollen Leitfadeninterviews mit den Eltern Auskunft geben.
- Expertengespräche
zur Bedeutung der digitalen Medien für das Aufwachsen von Klein- und Vorschulkindern in Familien und Betreuungsinstitutionen sowie zu deren Einfluss auf die kindliche Entwicklung.
- Angebotsanalyse
Aufbereitung und medienpädagogische Bewertung von Apps und Internetangeboten für Klein- und Vorschulkinder als medienpädagogisches Informationsmaterial für Eltern und pädagogische Fachkräfte.
- Teilnehmende Beobachtungen
Einzelfallanalysen zum Umgang von Klein- und Vorschulkindern mit Smartphones und Tablets, wobei das besondere Augenmerk auf die rezipierten Inhalte, der Verknüpfung von virtueller und realer Lebenswelt sowie auf Lern- und Gefährdungsaspekten liegt.
- Leitfadeninterviews
mit mindestens einem Elternteil zu Motivation und Erwartungen an den digitalen Medienumgang ihres Kindes; zur Funktion der Medien im Familienalltag sowie zu ihrem eigenen Medienverhalten und Medienerziehungsverhalten.
Ergebnisse
Informationen zum digitalen "Kindermedienmarkt" für Eltern und frühpädagogische Fachkräfte, zur Bedeutung der neuen digitalen Medien in der frühen Kindheit aus interdisziplinärer Perspektive sowie zu den Besonderheiten der Nutzung digitaler Medien in der frühen Kindheit. Ableitung von Qualifizierungsbedarfen für frühpädagogische Fachkräfte in Kooperation mit Expertinnen und Experten aus dem Praxisfeld der Kindertagesbetreuung, Medienpädagogik und Aus- und Weiterbildung sowie Wissenschaftlern unterschiedlicher Disziplinen.