DJI-Kinderpanel: Schulisches Wohlbefinden in der Grundschule
Wann fühlen sich Kinder in der Schule wohl?
Viele Freundschaften der Kinder haben im Sandkasten oder in der Nachbarschaft begonnen. Durch Kindergarten und Schule erweitern sich die Möglichkeiten, Freunde und Freundinnen zu gewinnen. Freundschaften entwickeln die Persönlichkeit in der mittleren Kindheit, und die Kinder stehen dabei miteinander auf gleicher Augenhöhe. Wie sieht es aber mit den Freundschaften der Kinder in Deutschland aus? Wo lernen Kinder ihre Freunde kennen, wie zufrieden sind sie mit ihren Beziehungen zu Gleichaltrigen? Wie wirken Familie und Gleichaltrigen-Gruppen zusammen? Auf diese Fragen antwortet das DJI-Kinderpanel.
Individuelle Merkmale (Geschlecht, Persönlichkeit), schulische Merkmale (Partizipation, Schulerfolg), familiäre Merkmale (z. B. Familienklima, Erziehungsverhalten, soziale Herkunft).
Wann fühlen sich Kinder wohl?
Die Ergebnisse des DJI-Kinderpanels zeigen folgende Zusammenhänge auf:
Zu Beginn der Grundschule ist das schulische Wohlbefinden am höchsten. Bis zur 4. Klasse fällt es jedoch mehr und mehr ab. Eine große Rolle spielt dabei unter anderem der Leistungsdruck vor dem Übertritt in die weiterführende Schule.
Ein positives Selbstbild sowie soziale und kognitive Aufgeschlossenheit der Kinder tragen positiv zum Wohlergehen in der Schule bei.
Schüler, die sich auffällig verhalten
(z. B. launenhaft, aggressiv, unruhig sind), haben eine geringere Chance, sich in der Schule aufgehoben zu fühlen.
Kinder mit guten Schulleistungen fühlen sich besser. Für Schüler mit schlechteren Noten ist der Schulalltag eher belastend. Erfolge im Sportunterricht steigern das Wohlbefinden dieser Kinder, weil sie hier Erfolgserlebnisse erfahren, die sie in klassischen Lernfächern nicht haben.
Schüler, die die Möglichkeit haben, den Unterricht mitzugestalten, fühlen sich wohler.
Die Beziehung zur Lehrperson trägt deutlich zum Wohlergehen in der Schule bei: Sind die Lehrerinnen und Lehrer den Kindern gegenüber aufgeschlossen, werden sie von den Kindern gemocht, und somit fühlen sich diese in Klasse und Schule besser.
Wenn Kinder aus armen Familien in der Schule gefördert und ihnen Möglichkeiten der Teilhabe geschaffen werden, dann kann die Grundschule sogar Auswirkungen der Armut kompensieren. Denn in der Schule können benachteiligte Kinder lernen, sich in festen Strukturen zu bewegen und Regeln zu befolgen, was in ihren Familien mitunter zu kurz kommt. Gleichzeitig wird ihnen mehr Aufmerksamkeit zuteil. Ferner können sie sich in Gleichaltrigen-Gruppen entfalten sowie kulturelle Angebote (Kino, Museum, Erlebnisparks, Konzerte) wahrnehmen, zu deren Nutzung es in ihren Familien oftmals weder Anregung noch finanzielle Mittel gibt.
Insgesamt geht es denjenigen Kindern in der Schule besser, die über mehr persönliche und familiale Ressourcen verfügen. Selbstbewusste, aufgeschlossene und mit einem positiven Bild von sich selbst versehene Kinder gehen auch lieber in die Schule. Erfahren sie in ihrer Familie Zuwendung und Unterstützung, so kann dies für ihr Wohlergehen in der Schule nur förderlich sein.
Der Beitrag der Schule zum
Wohlbefinden
Die Grundschule leistet einen wichtigen Beitrag für die Entwicklung der Kinder. Da schulisches Wohlergehen vor allem von ihren persönlichen Eigenschaften (positives Selbstbild, Aufgeschlossenheit) bestimmt wird, bietet sich den Lehrerinnen und Lehrern eine gute Möglichkeit, an Stärken anzusetzen und Defizite aus dem familialen Hintergrund auszugleichen.
Die Schule ist gefragt, indem sie besonders leistungsschwachen und auffälligen Schülern Zuwendung schenkt und ihnen Entfaltungsmöglichkeiten bietet. Durch individuelle Förderung kann gerade diesen Kindern zu mehr Selbstvertrauen verholfen werden, das ihnen nicht zuletzt bei ihren Schulnoten zugute kommt.
Durch mehr Möglichkeiten der Mitgestaltung im Unterricht können die Lehrpersonen ein positives motivierendes Lernklima schaffen und so zu einem höheren Wohlbefinden bzw. zu mehr Motivation bei den Schülern beitragen.
Die Aufgaben der Familie
Eine gute Eltern-Kind-Beziehung und ein gutes Familienklima wirken sich
positiv auf das schulische Wohlbefinden aus. Die Resultate des Kinderpanels zeigen: Wenn Eltern sich Zeit für ihre Kinder nehmen, mit ihnen über ihre Erlebnisse und Gefühle sprechen und sie zunehmend an familialen Entscheidungen teilhaben lassen, fördern sie deren Selbstvertrauen. Zuwendung und Halt seitens des Elternhauses ermöglichen es Kindern, sich in der Schule wohl zu fühlen.
Trifft dies für ein Kind nicht zu, so tritt die Verantwortung der Schule in den Vordergrund. Die Analysen machen deutlich, dass eine gute Beziehung zur Lehrperson zu wenig Fürsorge und Zuwendung im Elternhaus gut kompensieren kann.
Mehr Zusammenarbeit von
Elternhaus und Schule
Das System Schule ist derzeit ständiger Kritik ausgesetzt. Ergebnisse des Kinderpanels zeigen, dass Schule für Kinder nicht nur belastend ist, sondern sie sich dort auch wohl fühlen können. Durch Förderung persönlicher Stärken der Kinder kann die Schule bestehende Defizite in der Familie ausgleichen.
Schule und Familie sind demnach stärker miteinander zu verknüpfen. Eine Möglichkeit, Elternhaus und Schule zu fördern sowie die Lehrerschaft zu unterstützen, ist der Ausbau der Schulsozialarbeit auch in der Grundschule.
Isabelle Krok
Literatur:
Gisdakis, Bettina (2007): Oh, wie wohl ist mir in der Schule … Schulisches Wohlbefinden – Veränderungen und Einflussfaktoren im Lauf der Grundschulzeit. In: Alt, Christian (Hrsg.): Kinderleben – Start in die Grundschule. Wiesbaden, S. 107–136