Das Deutsche Jugendinstitut e. V. (DJI) und die Katholische Arbeitnehmerbewegung
Süddeutschlands (KAB) stellen am 12.1.2001 im DJI ihr Kooperationsprojekt vor.
Die demographische Entwicklung wird mittelfristig den heute schon in vielen Berufsfeldern - von den IT-Berufen
bis zu Lehrern - erkennbaren Arbeitskräftemangel zu einem Dauerthema machen und die Nachfrage auch nach qualifizierten
Frauen als Arbeitskräften noch einmal verstärken. Die seit Anfang dieses Jahres geltenden neuen gesetzlichen
Regelungen zur Teilzeitarbeit und zur Erziehungszeit unterstützen die Interessen von jungen Vätern und
Müttern, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Auf der anderen Seite können es sich Unternehmen
und Verwaltungen immer weniger leisten, auf das Kompetenzpotenzial aus außerberuflichen Lernfeldern zu verzichten,
zu denen auch die Familienarbeit zählt.
Mit dem Projekt "Familienkompetenzen als Potenzial einer innovativen Personalentwicklung" wird diese
aktuelle Entwicklung aufgegriffen. Dabei soll nicht nur ein Beitrag zur besseren "Vereinbarkeit" von
Beruf und Familie, "work and life" und zu mehr Chancengleichheit am Arbeitsplatz geleistet werden. Auch
Unternehmen und Verwaltungen sollen auf ihrem Weg in die Wissensgesellschaft mit einem neuen Methodenbaustein des
Kompetenz-Managements unterstützt werden.
Im Mittelpunkt des Projekts steht die Familie als ein Arbeits- und Lernort, an
dem Frauen und Männer durch ihr alltägliches Handeln soziale Kompetenzen erwerben. Genau diese sozialen
Kompetenzen sind in der Arbeitswelt von heute und morgen wesentliche Voraussetzung für den beruflichen Erfolg
der Einzelnen, aber auch für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Mit der Forderung nach lebenslangem
Lernen gewinnen europaweit vor allem solche Erfahrungen an Bedeutung, die außerhalb von Schule und Beruf
erworben werden. Dazu zählen Mitarbeit in Vereinen, politisches und ehrenamtliches Engagement. Nach neuesten
Untersuchungen stammen sogar mehr als 70% unserer erlernten Fähigkeiten aus solchen informellen Lernorten.
Eingebunden in ein so umfassendes Verständnis informell erworbener Kompetenzen stellt das Projekt mit seinen
Arbeitsmaterialien für die betriebliche Praxis Familie als zentralen Lernort für soziale Kompetenzen
heraus, der bisher noch zu wenig wahrgenommen wird. Träger der Kompetenzen aus Familientätigkeit sind
vor allem Frauen/Mütter; immer häufiger jedoch auch Männer/Väter, die sich als selbstverständliche
Partner im Familienalltag und in der Kindererziehung verstehen.
Gemeinsam mit Partnern aus Holland und England wurde auf Basis der Ergebnisse einer Vorstudie zur Bedeutung von
ausserbetrieblich / informell erworbenen Kompetenzen in Betrieben ein Instrument entwickelt, mit dessen Hilfe Kompetenzen
aus informellen Lernorten im Laufe der eigenen Lebensbiographie, vor allem aber aus der Familientätigkeit
erfasst und bewertet werden können. Diese "Kompetenz-Bilanz" richtet sich somit an berufstätige
Mütter und Väter, an Berufsrückkehrerinnen, an Frauen und Männer, die in der Erziehungsphase
sind und an all diejenigen, die ihre informell erworbenen Kompetenzen beruflich nutzen wollen. Die Kompetenz-Bilanz
bietet die Möglichkeit zur individuellen Erfassung und Bewertung der eigenen sozialen Kompetenzen. Das dabei
entwickelte Kompetenzprofil bietet eine Grundlage sowohl für die persönlich-berufliche als auch für
die betriebliche Personalentwicklung.
Ergänzt wird die Kompetenz-Bilanz durch eine "Informationsmappe für
Personalverantwortliche". Sie stellt die Kompetenz-Bilanz als Verfahren zur Potenzialeinschätzung von
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor und zeigt Möglichkeiten zu ihrer Nutzung in der praktischen Personal-
und Organisationsentwicklung auf.
Derzeit wird die Kompetenz-Bilanz in Zusammenarbeit mit privaten Unternehmen und in öffentlichen Verwaltungen
testweise eingesetzt. Das reicht von großen Bundesbehörden über Landesverwaltungen und Banken bis
zu Produktionsbetrieben z. B. aus der Metallbranche und zu Unternehmen, die aus der "old economy" in
die "new economy" gewechselt sind (IT-Bereich). Gemeinsam mit Personalverantwortlichen, betrieblichen
Frauenbeauftragten und Betriebsräten aus Produktionsbetrieben, Dienstleistungsunternehmen und Behörden
werden die Einsatzmöglichkeiten bei verschiedenen Zielgruppen erprobt, wie auch in Weiterbildungsmaßnahmen
und bei Beratungsstellen. Die Ergebnisse werden im Rahmen eines Symposiums vor einem internationalen Publikum im
Mai dieses Jahres veröffentlicht. Dazu ist auch eine Internet-Fassung vorgesehen.
Auch jetzt bereits ist das Interesse an der Kompetenz-Bilanz groß: So sind z.B. Frauenpolitikerinnen aus
Belgien und Luxemburg daran interessiert, sie auf ihre nationale Situation hin weiter zu entwickeln.
"Unser Ziel ist es, die Kompetenz-Bilanz so pfiffig und so spannend zu gestalten, dass die Mütter und
Väter einfach Lust haben damit zu arbeiten und die Personalverantwortlichen sie ihren Beschäftigten empfehlen",
so Projektleiterin Christine Nußhart von der Katholischen Arbeitnehmerbewegung. "Denn auf Familienkompetenzen
zu verzichten, bedeutet für die Personen selbst wie auch für Unternehmen, Wettbewerbsvorteile und Marktchancen
zu verschenken".
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Deutsches Jugendinstitut
Nockherstr. 2, 81541 München,
Annemarie Gerzer-Sass, Tel. 089/623 06-251, Fax: 089/62306-162, E-Mail: gerzer@dji.de
Wolfgang Erler, Tel: 089/62306-248, Fax: 089/62306-162, E-Mail: erler@dji.de
Katholische Arbeitnehmerbewegung Süddeutschlands (KAB): Pettenkoferstr. 8/III,
80336 München: Christine Nußhart Tel: 089/55 25 49-27, Fax: 089/550 3882
E-Mail: christine.nusshart@kab-sued.de |
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